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H. Biedermann
Literaturliste & Kongreßbeiträge (Auswahl)

Lehrbuch — Manualmedizin bei Kindern

Die deutsche Ausgabe ist fertiggestellt.
Die Monografie zum Thema Manualmedizin bei Kindern ist nun auf Deutsch erhältlich.
Bestellungen können über Ihre Hausbuchhandlung oder bei Marina Meger aufgegeben werden.

Buch-Link beim Verlag
320 Seiten, 155 s/w Abb., gebunden
ISBN: 3-437-47116-3
Preis: 49,95 Euro / 80,00 sFr
Verlag: www.elsevierhealth.com

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Inhaltsverzeichnis:
Abschnitt 1: Theoretische Grundlagen
Abschnitt 2: Klinische Erkenntnisse
Abschnitt 3: Praktische Aspekte der Manualtherapie bei Kindern – verschiedene Ebenen
Abschnitt 4: Radiologie und Manualtherapie bei Kindern
Abschnitt 5: Synthese

Als die englische Ausgabe unserer Monographie zu diesem Thema im Jahr 2004 erschien, wurde bei etlichen Kommentaren die Frage gestellt, warum wir nicht erst eine Version auf deutsch präsentiert hätten.
Ein Grund war die Tatsache, dass ja hier schon eine Zusammenfassung von Kongressbeiträgen vorlag (7) – die auch bis heute nichts an Relevanz eingebüßt hat. Trotzdem ist natürlich klar, dass eine solche Kompilation nicht mit einer konsequent strukturierten Monographie vergleichbar ist. So war es schon vor dem Erscheinungstermin der englischen Ausgabe klar, dass möglichst bald diese eingeforderte deutsche Version folgen sollte.
Das Manuskript der englische Version stammt aus dem Jahr 2002, da das Endlektorat und die Produktion doch sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen hatten als anfangs erwartet. Grund mehr, es nicht bei einer reinen Übersetzung der Texte zu belassen, sondern die in der Zwischenzeit gewonnenen Erfahrungen mit einfließen zu lassen.
Grob geschätzt ist ein gutes Drittel der deutschen Ausgabe neu geschrieben, natürlich auf der Basis der praxis-bewährten Konzepte, aber eben doch aktueller und teils auch mit‚ deutschem ‚Schwerpunkt, will sagen: eingehend auf die spezifischen Bedingungen, unter denen hierzulande gelitten und behandelt wird.
Die länder- und kulturspezifische Perzeption von Krankheit ist ja eine sehr interessante Problematik; verwiesen sei auf (27). Gerade in der deutschen Version der Manualtherapie bei Kindern war es mir zudem ein Anliegen, eben kein Kochbuch von Therapietechniken zu schreiben, sondern die Konzeption und deren wissenschaftliche Grundlagen in den Mittelpunkt zu stellen.
Schon deshalb konzentriert sich das Buch nicht auf eine spezifische Behandlungsmethode – was ja zwangsläufig eine Abwertung anderer Therapiemodalitäten zur Folge hätte – sondern stellt die klinischen Muster in den Vordergrund. Die Diagnostik zu Beginn jeder Behandlung setzt einen ‚passenden‘ Blickwinkel voraus und ein wichtiges Moment bei der Untersuchung unserer kleinen Patienten ist eben, sich von überkommenen Denkmustern freizumachen. Nur dann kann man Neues finden und zum Wohle der Patienten umsetzen.
Man denke nur als kleines Beispiel an die Diagnose „muskulärer Schiefhals“, die jahrzehntelang das Denken bei diesen Fällen bestimmte. Unter diesem Konzept wurden dann Dehnungsbehandlungen und Redressionstherapien empfohlen (z. B. (2, 25)). Die auch bei diesen Konzepten zu beobachtenden Behandlungserfolge waren wohl darauf zurückzuführen, dass sozusagen nebenher ganz intensiv auch die occipito- cervicale Übergangsregion stimuliertwurde.
Womit man bei einem der großen Paradoxe jedweder manueller Therapie angekommen wäre: auch eine recht ungezielte manuelle Behandlung nützt meist. Dies ist relativ tolerant für Ort, Kraft und Frequenz, d.h. wenn man ungefähr in der richtigen Gegend und ungefähr mit der passenden Kraft behandelt ist oft ein Fortschritt zu erkennen – und dann schadet auch zu häufiges Behandeln meist nicht. Man hat nicht so viel und so anhaltend Erfolg wie mit optimaler Vorgehensweise, aber man hat Erfolg.
Dies ist der Fluch der Manualmedizin und er verleitet manche dazu, die an etlichen Methoden hängenden, teils recht wolkigen Erklärungsmuster als praxiserprobt zu betrachten. Und dann hat man sein therapeutisches Handeln noch nicht gegen das Argument Schlegels immunisiert, dass das aggressive Abwarten eine der wichtigsten konservativ-orthopädischen Therapieansätze ist.
Vieles ist gut, aber manches ist besser. So sind positive Kasuistiken noch kein Nachweis, dass eine propagierte Methode auch optimal ist, und für mich der Grund, sich hier große Zurückhaltung aufzuerlegen. Jedwedes ‚Be-Handeln‘ ist Einzelfall, Kunst-Handwerk und nicht generalisierbar.
Wie viel unserer Arbeit ist technische Perfektion, wie viel Empathie, wie viel Glück? – Man sollte sehr bescheiden sein, wenn man seine Erfolge betrachtet und sich dessen bewusst, dass eben mehr dazu gehört als nur das Absolvieren einer Fortbildung. Deshalb beschäftigen sich mehrere Kapitel des Buches mit Fragen, die weit über die Problematik der Behandlungs- und Untersuchungstechnik hinausreichen. Erst wenn man das Umfeld mit im Blick behält kann man das konkrete Problem unserer kleinen Patienten erfassen und ist dann durchaus frei in der Wahl der eigentlichen Behandlungstechnik.
Es ist weiß Gott nicht damit getan, eine optimale Grifftechnik zu demonstrieren, ein gut Teil des Erfolges wird durch eine gute und umfassende Kommunikation ermöglicht, und diese setzt eben voraus, dass man das Konzept funktioneller Pathologie erst einmal selber begriffen hat. Das klingt erst einmal nicht sehr nett, ist aber durchaus nicht böse gemeint, da es im Trubel des Alltags oft vergessen wird.
Dann wird oft zu kurz gegriffen, was durch die Konzentration auf das Wort‚ Therapie‘ gefördert wird. Manuelle Therapie ist weit mehr als nur diese Behandlung.
Es wäre sicher besser gewesen, das Buch: „Funktionelle vertebragene Pathologien bei Kleinkindern“ zu nennen – aber das hätten die wenigsten verstanden.
Zu Beginn des Buches fasst eine Gruppe von 5 Kapiteln einiges an aktueller Forschung zusammen, was für das Verständnis der Embryologie, Anatomie und Sensomotorik grundlegend ist und auch hilft, die Differentialdiagnosen nicht aus dem Auge zu verlieren.
In der zweiten Abteilung kommen klinische Beobachtungen aus Geburtshilfe und (Neuro-) Pädiatrie ebenso zu Wort wie Forschungsergebnisse der vegetativen Reaktion auf die manuelle Therapie der Kopfgelenke. Schließlich stellen wir im Folgenden die Behandlungsindikationen und prinzipien der einzelnen Wirbelsäulenregionen kapitelweise dar. Auch den bildgebenden Verfahren wurde ein breiter Raum zur Verfügung gestellt, das Röntgen ist in 3 Kapiteln abgehandelt – und dies bei Weitem nicht erschöpfend. Gerade auch für Physiotherapeuten, die ja nicht immer einen direkten Zugang zur radiologischen Diagnostik haben scheint es mir wichtig zu sein, dass der Reichtum an Detailinformationen dargestellt wird, der hier zu finden ist.
Ein solches Buch ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, aktuelle Forschungsergebnisse eigene und die der Literatur-Recherche kompakt und nachlesbar für das tägliche Arbeiten zur Verfügung zu stellen.
Dabei reicht der Ansatz über die Therapie bei Kindern weit hinaus. Wenn wir davon ausgehen – und dafür gibt es inzwischen überwältigend viele Hinweise – dass es bestimmte Personengruppen gibt, die an KiSS und davon mitbedingten Funktionsstörungen leiden, dann hat eine gute Frühanamnese auch bei der Untersuchung und Behandlung von Erwachsenen ihren Sinn.
Sie schärft unser Bewusstsein für die Möglichkeit, bei polyfaktoriellen Beschwerden von der Migräne bis zum Schwindel – diesen meist leicht behandelbaren Aspekt abzuarbeiten, um dann meist effektiver mit anderen Therapien vollends zum Ziel zu kommen. Gerade in der Frühförderung wird dieser Ansatz zunehmend zur Indikationsstellung für manualmedizinische Untersuchung und Behandlung verwandt.
Auch ein epidemiologischer Aspekt steckt im KiSS- Konzept: Wir wissen inzwischen, dass es eine familiäre Disposition dafür gibt, die meist auch geschlechtsspezifisch ist. Aus der Vorgeschichte der Verwandtschaft kann so die individuelle Diagnose präzisiert werden.
Neben diesen Hauptinhalten ist aber auch versucht worden, ein lesbares und vor allem gut lesbares Buch zu schreiben, ein Buch, das nicht sperrig nur seitenweise konsultiert werden will, sondern wie ein Roman durchgeschmökert werden kann.
Ich fand es immer schon schade, dass die meisten Fachbücher nur durchgeblättert und dann vom Index her auf ganz bestimmte Fragestellungen hin angeschaut wurden. Sowohl die Grundlagen- Kapitel des ersten Abschnitts als auch der letzte Abschnitt bestehen aus Texten, die durchaus ‚Nachttisch-fähig‘ sind – und hoffentlich den eigenen Gedanken etwas Flügel machen…
Die fast täglich neuen Erkenntnisse der kognitiven Psychologie und der frühkindlichen
Entwicklung sind faszinierend und gingen an vielen Stellen in das Manuskript
ein. Hier kann man gar nicht so schnell lesen, wie Neues präsentiert wird. Man muss auch die trockenen Statistiken präsentieren, um seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen – und das ist an vielen Stellen des Buchs geschehen, aber das Anstiften zum Weiterdenken ist wohl die wichtigste und schönste Motivation, solch ein Werk zu verfassen. Vielleicht ist deshalb das Kapitel über „die Erbmasse und der Weg zur Welt“ ein gutes Beispiel dafür, was den Leser unseres Buches erwartet…

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