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H. Biedermann
Literaturliste & Kongreßbeiträge (Auswahl)

Das Trauerspiel der Helme bei Säuglingen

Ist man schon einige Jahre im Beruf, hat man gelernt, daß sich manches von selber erledigt. Viele Moden klingen ab, und man ist gut beraten, sie nicht durch zu viel Beachtung am Leben zu erhalten. Es gibt aber auch Umstände, die zum Kommentar zwingen.

Ein Beispiel aus meinem Fachgebiet ist die Helmbehandlung unkomplizierter Schädelasymmetrien, die zu 99% KiSS- bedingt sind. Unbestritten ist, daß Einzelfälle wirklich von Helmen profitieren – das ist aber eine verschwindende Minderheit und fällt im Vergleich zu den Tausenden Säuglingen, denen wir im Lauf der Jahre schon helfen konnten, absolut nicht ins Gewicht.

Nun kann man den Helm- Verordnern nicht vorwerfen, sie wären nicht kreativ. Ich war baß erstaunt, als mir ein Anfrage zur Finanzierung des Helms in die Hände kam, der hier  wiedergegeben wird. In sehr barocker Weise wird noch die kleinste Dienstleistung bei dem immer aufgeblähteren Kostenvoranschlag aufgeführt. Ob ein solches Gebaren noch ethisch ist, sei dahingestellt, kostentreibend ist er allemal. Hat man dann die ‚Warnung‘ im Hinterkopf, daß man schnell und früh behandeln sollte – sonst könnte ja eine korrekte Behandlung das Problem für einen Bruchteil der Kosten lösen – ist das der Gelassenheit abträglich. Von den negativen Effekten des Helms (zusätzliches Gewicht auf dem Kopf, Einüben falscher Bewegungsmuster etc.) ganz zu schweigen.

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Was von der Helmtherapie zu halten ist, wurde hier schon vor Jahren dargelegt (hier); dem ist grundsätzlich nicht viel hinzuzufügen – sieht man einmal davon ab, daß wir jetzt immer wieder Schulkinder in die Praxis bekommen, die in der Säuglingsphase ‚behelmt‘ wurden, und deren funktionelle Probleme dadurch nicht verschwanden. Sie kommen jetzt, wegen ihrer HWS- Funktionsprobleme (Stichwort: KiDD, ein Artikel  hier).

Es wurde eben ein Symptom (Schädelform) und nicht die Ursache (Funktionsstörung der Motorik) in den Mittelpunkt gerückt, und nach den vielen Jahren praktischer Erfahrungen kann man sagen: gegen besseres Wissen.

Das Ziel muß es sein, junge Menschen gut ins Leben zu stellen, und nicht ‚den idealen Kopf‘ (Zitat Kostenvoranschlag) schön drauf zu setzen. Seinen Inhalt wollen wir bestmöglich fördern, die Form ist zweitrangig ; daß eine korrekte Therapie – fast nebenher, und mit etwas Geduld – sozusagen als Nebeneffekt auch eine gute Kopfform macht, ist gerne mitgenommen.

So wird ein Schuh draus.

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